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Julius  Neumann
Julius Friedrich August
von Neumann (1835 – 1910)

 
Ord. Prof. der Nationalökonomie in Basel, Freiburg und Tübingen

Julius Neumann wurde als Sohn des Physikers Franz Neumann (1798-1895) am 12.10.1835 in Königsberg geboren. Mit seinen Brüdern, dem Pathologen und Begründer der Hämatologie des 19. Jahrhunderts, Ernst Christian Neumann (1834-1918), und dem Mathematiker Carl Neumann (1832 – 1925), besuchte er das Altstädtische Gymnasium in Königsberg (Lit.1).
 
Privates:
 
Julius Neumann hatte sich am 20.April 1868 mit Florentine Susanne, (genannt Floris) Tamnau (geb. in Königsberg am 23.Oktober 1846, gest. in Tübingen am 18.12.1927), Tochter des Justizrats Tamnau in Königsberg, verheiratet. Die Ehe blieb kinderlos. Wie aus dem Nachlass hervorgeht, hielt Neumann engen Kontakt zur Familie in Königsberg, zu seinem Neffen Ernst Richard Neumann in Marburg (Mathematiker) und zu seinem Bruder Carl Neumann (Mathematiker), der ebenfalls an der Universität in Basel und Tübingen wirkte. Nach einem erfüllten Leben verstarb er während einer Reise nach Freiburg am 15.8.1910. Der Nachlass von Neumann dürfte nach 1927 (Tod seiner Frau) in der Familie Tamnau verblieben sein (Lit. 7).
 
 
Ausbildung
 
Das Studium der Staats- und Rechtswissenschaften absolvierte er ab 1854 an der philosophischen Fakultät der Albertina zu Königsberg und in Leipzig. Neben seiner Tätigkeit als Regierungsassessor in Königsberg ab 1864 habilitierte er sich im  Jahre 1865 an der Königsberger Universität (Privatdozent). Während des Krieges 1871/72 wurde ihm eine Landratsstelle in Allenstein angeboten. Er nahm aber den Ruf an die Universität in Basel an und wurde dort im Jahre 1871 ordentlicher Professor der Nationalökonomie, ab 1873 in Freiburg/ Breisgau. Im Jahre 1876 erhielt er einen Ruf an die Universität Tübingen. Hier hatte er bis zum Jahre 1909 den Lehrstuhl für Nationalökonomie inne (Lit 2).
 
Sein Interesse für statistische Forschungen hat Neumann bereits im Anfang seiner akademischen Laufbahn bekundet. Jahrzehnte hindurch sammelte und berechnete er statistisches Material, das er in den von ihm herausgegebenen “Beiträgen zur Geschichte der Bevölkerung in Deutschland seit dem Anfang des 19. Jahrhunderts“ vereinigte (Monographie). Im Familienarchiv der Franz Neumann-Stiftung befindet sich die der Sonderdruck des Aufsatzes: Unsere Kenntnis von den socialen Zuständen um uns“ (Druck der Friedrich Mauke´schen Officien, Jena 1872) (Lit. 3). Auch seine Dissertation behandelte folgerichtig eine bevölkerungsstatistische Frage.

 
Wissenschaftliches Werk
 
Intensiv beschäftigte er sich mit der Formulierung der „Grundbegriffe zur Volkswirtschaftslehre“, Arbeiten, die äußerlich ihren Abschluss fanden in seinen „Grundlagen der Volkswirtschaftslehre“ (1889 Tübingen, Laupp) und in seinem Beitrag zu Schönbergs Handbuch der politischen Ökonomie (Lit 4).
 
„Trotz seiner Vorliebe für die Schärfe begrifflichen Denkens hat sich aber Neumann stets vor dem Abweg mathematischer Formulierungen volkswirtschaftlicher Abhängigkeiten gehütet. In ähnlich tiefgründiger Weise hat er 1892 in seinem kurzen, aber inhaltsreichen Aufsatz über das Natur- und das Wirtschaftsgesetz (Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft) das Verhältnis zwischen beiden klargestellt. Diese Arbeit wurde der Ausgangspunkt für eine Reihe von Untersuchungen über die wirtschaftlichen Gesetze selbst“ (Lit.5).
 
Weiter war Neumann mit Adolf Nagner einer der ersten deutschen Finanztheoretiker. Eine Fülle von Monographien hat er auf diesem Gebiet geliefert: Die Progressive Einkommenssteuer im Staats- und Gemeindehaushalt (1874, Leipzig),  Betrachtungen zur Kommunalsteuerfrage (1877), Untersuchungen über die älteren Auffassungen von der Gerechtigkeit im Steuerwesen (Jahrbücher für Nationalökonomie 1888 und 1881) sowie das umfangreiche Werk: Die Steuer und das öffentliche Interesse (1887, Leipzig). Daneben erfolgten Spezialuntersuchungen über einzelne Steuern, z.B. über die Wehrsteuer (1887) und über das Verhältnis zwischen Ertrags- Einkommens- und Vermögenssteuer (1882, 1896, 1897), über die Erbschaftssteuer.
 
Besonderes Interesse galt der Weiterentwicklung der Ertragssteuern, die vornehmlich in den deutschen Mittelstaaten eine Fülle von Problemen darstellte. Seine letzte Arbeit war die im März 1910 erschienene Broschüre „Vermögenssteuern und Wertzuwachssteuern als Ergänzung der Einkommenssteuer insbesondere in Württemberg“, die für die Art der parlamentarischen Behandlung der Frage der Weiterführung der Steuerreform von Einfluss gewesen ist. Aber diese Arbeiten sind gleichzeitig auch Muster der Beherrschung des dogmengeschichtlichen, gesetzgeberischen und statistischen Stoffes.

 
Auch sozialpolitische Probleme haben Neumann viel beschäftigt; Seine Vorlesungen über Arbeiterfrage und Sozialismus boten in ihrer fast alljährlichen Umgestaltung den Beweis, wie intensiv er auch diesen Fragen folgte (1902: “Wer ist heute Sozialist?“). (Auszug aus Staatsanzeiger für Württemberg Nr. 191 Stuttgart, den 18.8.1910, siehe Literatur).
 
Ein Schüler Neumanns, Siegfried Hagen, schrieb im Jahre 1938 (Lit.6): „Neumann gehörte zu denjenigen Persönlichkeiten, die man im Leben bleibend in schönster verehrungswürdiger Erinnerung behält. War schon seine ganze äußere Erscheinung, die hohe schlanke elegante Gestalt, seine vornehme, ungezwungene und doch straffe militärische Haltung, das scharf geschnittene, kluge meist ernste, aber doch so gütige und wohlwollend blickende Gesicht von unvergesslichem Eindruck, so gewann man von seiner Persönlichkeit erst den Gesamteindruck, wenn er auf dem Katheder stand und seine von ihm entwickelten Theorien etc. folgte. Er war unstreitig der bedeutendste Professor der staatswissenschaftlichen Fakultät in Tübingen zur damaligen Zeit, der in gleicher Weise im Professorenkreise, wie bei seinen Hörern höchste Verehrung und Anerkennung genoss. Seine staatswissenschaftlichen Seminare und Übungen, bei denen er zwar, ebenso wie bei den Prüfungen, große Anforderungen stellte, waren allgemein beliebt.“
 
Auszeichnungen
 
Neben kleineren Auszeichnungen erhielt er einen mit dem Adelstitel verbundenen höheren württembergischen Orden. In einem der vielen Neumann im August 1910 gewidmeten Nachrufe heißt es u.a. in der Dürener Zeitung vom 17.August 1910:
 
„Neumann war wissenschaftlich in hohem Maße tätig, er veröffentlichte zahlreiche, zumeist steuerwissenschaftliche und volkswirtschaftliche Schriften. …  Das Wort stand ihm in einziger Art zur Verfügung und gestattete ihm, völlig frei zu reden. Auch wer ihm nicht zu folgen vermochte, erlag dem Zauber dieser starken Persönlichkeit. Seine Tübinger Kollegs über allgemeine Volkswirtschaftslehre, über Finanzwissenschaft und Steuerlehre u.a. waren immer stark besucht. Die fruchtbarste Tätigkeit hat Neumann wohl auf dem Gebiete der Finanzwirtschaft und der Steuerlehre entfaltet. Er hat hier begrifflich Grund gemauert, hat uns durch seine Opfertheorie die steuerliche Gerechtigkeit erfassen lassen, hat die gangbarste Scheidung der direkten und indirekten Steuern gegeben, hat uns die wertvolle Erkenntnis der Wesenheit von Steuern und Gebühren und Beiträgen vermittelt und auch in das Chaos der öffentlichen Einnahmen Ordnung und Gliederung gebracht. Er hat die Steuerlehre, ja die Finanzwissenschaft überhaupt gewissermaßen vergeistigt.“
 
Literatur:

 
1. Weiterführende Literatur siehe in www.gelehrtenfamilie-koenigsberg.net

 
2. Krollmann, Chr. Altpreußische Biographie II-Bd, 2.Lieferung Königsberg 1943, S. 463
 
3.  Familienarchiv der Franz Neumann-Stiftung in der Stiftung Königsberg, Möllhausenufer 6 in 12557 Berlin , siehe www.gelehrtenfamilie-koenigsberg.net
 
4.  Anonymus, NN: Julius Friedrich von Neumann, Beilage zur Münchner Allgemeinen Zeitung vom 12.Okt. 1905
 
5. Staatsanzeiger für Württemberg Nr. 191 Stuttgart, den 18.8.1910
 
6. Hagen, S.: Dreihundert Jahre  Hagen´sche Familiengeschichte Bd. 1 Kassel  1938, S. 372 - 374
 
7. Briefe an seine Eltern und Geschwister befinden sich, außer im genannten Archiv (Lit.3) , im Nachlass Franz Ernst Neumanns, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Cod. Ms.F.E.Neumann. Acc. Mss. 1995.9: 126-127. 306:8. 310. 313-315
Daguerreotypie um 1860 aus den Familienarchiv der Franz Neumann-Stiftung (Lit.. Nr. 3)
von links nach rechts: Carl Neumann, Mathematiker, Julius Neumann, Ernst Christian Neumann und Louise Neumann
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