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Gelehrtenfamilie-Königsberg
Ernst Chr. Neumann
Der Pathologe
Der Hämatologe

 
Neumann wurde approbiert als Arzt und Geburts-helfer. Die Skizzen stammen aus der Vorlesung von A. Hayn (1801- 1863)
(Franz Neumann-Archiv)
 
 
Bereits drei Jahre nach Übernahme des Pathologischen Instituts (1865) gelang es E. Neumann mit der richtigen Zuordnung der neu aufgefundenen  „lympoiden Markzelle" im Knochenmark, dieses Organ als Blutbildungsstätte zu beschreiben. Mit dieser „Sensation allerersten Ranges" (Boroviczeny) ging dieses Institut in die Medizingeschichte ein, denn damit wurde 1868 das Spezialfach der „modernen Hämatologie des 19. Jahrhunderts" aus der Pathologie herausgelöst (Wintrobe und Tavassoli). E.Neumann gründete die "Neumann 'sche Schule" (Rutisheimer) der Pathologischen Anatomie, denn seine Arbeitsgebiete umfassten nicht nur die Hämatologie, sondern die der gesamte Pathologie, darunter besonders die Nerven- und Muskelregenration, die Pigment- und Entzündungslehre und die Zahnheilkunde. Die Vielseitigkeit seines Schaffens führte in der Literatur mehrfach zu der ihn ehrenden Benennung als "Virchow des Ostens" ( Scholz)
Ernst Neumann, 1913
Radierung seiner Tochter

Helene Neumann
Ernst Christian Neumann
1834 - 1918
 
Pathologie
 
I.   Hämatologische Studien
     Blutpigmente, Charcot-
     Neumann-Leyden-Zellen
II.  Entzündungslehre
III. Degeneration und
     Regeneration von Muskeln
     und Nerven
IV. Der Neumann-Tumor
     (congenitale Epulis)
V.  Sertoli-Zellen
VI. Zahnheilkunde
Zur Person
E.Neumann-Award
II. Entzündungslehre
 
Als im 19. Jahrhundert in Europa der Aderlass noch weit verbreitet war, verfocht Neumann als einer der ersten Pathologen die These, dass die Entzündung primär einen Heilungsprozess zum Schutze des Organismus darstellt. Die Entzündung wurde unterteilt in einen entzündlichen Prozess, ausgehend von der „laesio continui“ oder Mikronekrose, und einem regeneratorischen Prozeß.  In der regeneratorischen Abheilungsphase  spielt die Bindegewebsbildung  eine überragende Rolle. Neumann gab den Fibroblasten ihren Namen und schilderte ihr Verhalten bei entzündlichen Prozessen. . Im Jahre 1896 prägte er die Bezeichnung „fibrinoide Degenration“, später auch „fibrinoide Nekrose“ für eine  Entzündungsreaktion an serösen Häuten im Unterschied zur „fibrinösen Exsudation“ (Neumann, 1896).
Abb. aus Neumann, E.:  Fibrinoide Degeneration und fibrinöse Exsudation
Gegenbemerkung zu Marchands Erwiderung. Virchows Archiv 146 (1896) S. 193 – 209.
 
III. Degeneration und Regeneration von Muskeln und Nerven.
 
Abb. Degeneration und Regeneration von Nerven nach Quetschung-Durchtrennung
 
 
Die nach Neumann bezeichneten Muskelknospen stellen eine Regenerationsform quergestreiften Muskelgewebes dar. Dabei spielt das regenerative Ausstülpen des Regenerationsepithels (Bindegewebe) eine entscheidende Rolle.
 
Hinsichtlich der Studien über Nervendegeneration und –Regeneration führte Neumann bereits Nerventransplantationen im Tierversuch durch. Dabei wertete er die Schwann´schen Zellen sehr hoch ein, indem sie an der Regeneration eines durchtrennten Nerven einen maßgeblichen Anteil haben (Schwann´sche Neuroblasten- oder Zellkettentheorie). Das „Neumann´sche Nervenentwicklungsgesetz“  beinhaltet die Beziehung der motorischen Nervenbahnen in zeitlicher Abhängigkeit zur Anlage des Hirns beim Embryo.
 
Abb.: Neumann, E.: Degeneration und Regeneration zerquetschter Nerven. Aarch. f. mikrosk. anat.  XVIII (1880) S. 302 - 347. Weiterer Aufsatz zum Thema: Neumann, E.: Einige Versuche über Nerventransplantationen, Arch. für Entwicklungsmechanik 6 H.4 (1898) S.326-236;  Neumann, E.: Berichtigung in Sachen der fibrinoiden Degeneration. Virchows Archiv 160 (1900) S. 173 - 178
 
 
IV Neumann´scher Tumor . Erstbeschreibung der Congenitalen Epulis ( Lit: Ein Fall von congenitaler Epulis. Archiv der Heilkunde  (Wagners Archiv der Heilkunde), XII (1871), S. 189—190
 
V. Sertoli Zellen. Zeitgleich zu Sertoli beschrieb Neumann 1868 die mancherorts bezeichneten Sertoli-Neumann- Zellen als wichtige Zellen innerhalb der Spermiogenese.
Lit.: Neumann, E.: Entwicklung der Samenfäden beim Frosch.
 
VI. Zahnheilkunde:
 
Die Neumann´schen Zahnscheiden sind eigenständige Wandungen der Zahnkanälchen, die besonders widerstandsfähig gegenüber chemischen Substanzen sind und in denen sich die Tome´schen Zahnfasern befinden. Die Zahnkaries stellt  einen aktiven Prozess des lebenden Zahns infolge eines äußeren Einflusses mit entzündlicher Schwellung der Zahnfasern dar unter Verbreiterung der Zahnscheiden und damit Verengung der Zahnkanälchen.


Abb. Neumann, E.: Beiträge zur Kenntnis des normalen Zahnbein- und Knochengewebes. Vogel Leipzig 1863 (Monographie)
History of stem-cell
Literatur
enw_Grafik
Zahnheilkunde
enw_geburtshilfe
I. Hämatologische Studien, Blutpigmente
Im Jahre 1868 fand Neumann die Ursprungszelle der Zellreihe der roten Blutkörperchen (Erythrozytopoese) im Knochenmark auf und nannte sie zunächst „lymphoide Markzelle". Die
Untersuchungen basierten auf Studien über Regenerationsvorgänge an Zahn- und Knochengewebe. Allerdings hatte Neumann bereits seit 1865 elektrophysiologische Untersuchungen am Blut durchgeführt und dabei nachgewiesen, dass Erythrozyten Membranen besitzen. Anfang 1868 beschrieb er den physiologischen Ikterus neonatorum (Neugeborenengelbsucht) und grenzte ihn von  pathologischen Ikterusformen ab. 
Nach der Beschreibung der "Lymhpoiden Markzelle" im Knochenmark mit der
Erythropoese folgte ab 1869 die erste Beschreibung der  Morphologie des Knochenmarks einschl. seines kapillär-venösen Gefäßsystems. In der gleichen Arbeit verwies er darauf, dass neben der Milz und der Leber auch das Knochenmark ein embryonales
Blutbildungsorgan darstellt. Alle Untersuchungen wurden mit dem von ihm erstmals beschriebenen Nativpräparat (Mikroskopische Untersuchung in einer Zellebene ohne chemische Zusätze) durchgeführt.
 
Abb. Veröffentlichung 1868: Ueber die Bedeutung des Knochemarks für die Blutbildung
 
 
 
Anhand von Blutausstrichen, die Neumann am Krankenbett durchführte, beschrieb er 1869/71 die knochenmarkbedingte
Leukämie, die „Myelogene Leukämie“ (N45). Infolge seiner Gegnerschaft zu Paul Ehrlich, der zusammen mit R. Virchow den revolutionären Entdeckungen aus Königsberg skeptisch gegenüberstand, ging sie als „Myloide Leukämie“ (markähnliche Leukämie) in die Geschichte ein. Im Jahre 1878 verlegte Neumann auch die die Produktion der weißen Blutkörperchen Leukozytopoese in das Knochenmark.
1882 folgte die Beschreibung des Gesetzes über die Verbreitung des gelben und roten Knochenmarks in den Extremitäten ("Neumann-law", M. Wintrobe).
 
Ein weiteres hämatologisches Gesetz wurde 1888 von Neumann formuliert,
das
Exklusionsgesetz der Hämoglobin- abkömmlinge (roter Blutfarbstoff). Es beinhaltet, dass das Blutpigment „Hämosiderin" (Neumann) im lebenden Organismus gebildet wird, während das Hämatoidin das Pigmentsymbol der Nekrose darstellt.
 
In einer umfassenden hämatologischen Arbeit aus dem Jahre 1912 definiert Neumann die post-embryonale Blutbildung aus der von ihm bereits 1869 beschriebenen
"lympoiden Markzelle". Später bezeichnete er sie mit Maximow als „großen Lymphozyten“, schließlich 1912 als eine pluripotente „großlymphozytäre Stammzelle“ für alle Blutzellreihen, aus der sich die Erythro-Leuko-und die Lymphozytopoese entwickelt (unitarischer Standpunkt). Das Reticulum wiederum wurde zum Ursprungsgewebe der Blutbildung in der embryonalen Leber, Milz und im Knochenmark bestimmt.   Ausführliche Hinweise zur Geschichte der Stammzelle, siehe Link:
Weiterhin lieferte Neumann bedeutende Beiträge zum Krankheitsbild der
Perniziösen Anämie .
en_mikroskop
II. Entzündungslehre und Schiller´sdche Jodprobe
 
Als im 19. Jahrhundert in Europa der Aderlass noch weit verbreitet war, verfocht Neumann als einer der ersten Pathologen die These, dass die Entzündung primär einen Heilungsprozess zum Schutze des Organismus darstellt. Die Entzündung wurde unterteilt in einen entzündlichen Prozess, ausgehend von der „laesio continui“ oder Mikronekrose, und einem regeneratorischen Prozeß.  In der regeneratorischen Abheilungsphase  spielt die Bindegewebsbildung  eine überragende Rolle. Neumann gab den Fibroblasten ihren Namen und schilderte ihr Verhalten bei entzündlichen Prozessen. . Im Jahre 1896 prägte er die Bezeichnung „fibrinoide Degenration“, später auch „fibrinoide Nekrose“ für eine  Entzündungsreaktion an serösen Häuten im Unterschied zur „fibrinösen Exsudation“ (Neumann, 1896).
Abb. aus Neumann, E.:  Fibrinoide Degeneration und fibrinöse Exsudation
Gegenbemerkung zu Marchands Erwiderung. Virchows Archiv 146 (1896) S. 193 – 209.

Im Verlauf seiner Bemerkungen über das
Knorpelgewebe und den Ossifikationsprozess lernen wir die Neumann´sche Jodreaktion auf Knorpel- und Chordagewebe kennen, eine Beschreibung, die zur Schillerschen Jodprobe führte und als Grundstein für den Glykogenstoffwechsel der Gewebe diente (Askanazy).
 
 
III. Degeneration und Regeneration von Muskeln und Nerven.
 
Abb. Degeneration und Regeneration von Nerven nach Quetschung- Durchtrennung
Die nach Neumann bezeichneten Muskelknospen stellen eine Regenerationsform quergestreiften Muskelgewebes dar. Dabei spielt das regenerative Ausstülpen des Regenerationsepithels (Bindegewebe) eine entscheidende Rolle.
 
Hinsichtlich der Studien über Nervendegeneration und –Regeneration führte Neumann bereits Nerventransplantationen im Tierversuch durch. Dabei wertete er die Schwann´schen Zellen sehr hoch ein, indem sie an der Regeneration eines durchtrennten Nerven einen maßgeblichen Anteil haben (Schwann´sche Neuroblasten- oder Zellkettentheorie). Das „Neumann´sche Nervenentwicklungsgesetz“  beinhaltet die Beziehung der motorischen Nervenbahnen in zeitlicher Abhängigkeit zur Anlage des Hirns beim Embryo.
 
Abb.: Neumann, E.: Degeneration und Regeneration zerquetschter Nerven. Aarch. f. mikrosk. anat.  XVIII (1880) S.
302 - 347. Weiterer Aufsatz zum Thema: Neumann, E.: Einige Versuche über Nerventransplantationen, Arch. für Entwicklungsmechanik 6 H.4 (1898) S.326-236;  Neumann, E.: Berichtigung in Sachen der fibrinoiden Degeneration. Virchows Archiv 160 (1900) S. 173 - 178
 
 
IV Neumann´scher Tumor . Erstbeschreibung der Congenitalen Epulis ( Lit: Ein Fall von congenitaler Epulis. Archiv der Heilkunde  (Wagners Archiv der Heilkunde), XII (1871), S. 189—190
 
V. Sertoli Zellen. Zeitgleich zu Sertoli beschrieb Neumann 1868 die mancherorts bezeichneten Sertoli-Neumann-Zellen als wichtige Zellen innerhalb der Spermiogenese.
Lit.: Neumann, E.: Entwicklung der Samenfäden beim Frosch. Centralblatt  d. med. Wissensch.  24 (1868), S. 369 - 370 (vorläufige Mitteilung)
 
VI. Zahnheilkunde:
 
Die "
Neumann´schen Zahnscheiden" sind eigenständige Wandungen der Zahnkanälchen, die besonders widerstandsfähig gegenüber chemischen Substanzen sind und in denen sich die Tome´schen Zahnfasern befinden. Die Zahnkaries stellt  einen aktiven Prozess des lebenden Zahns infolge eines äußeren Einflusses mit entzündlicher Schwellung der Zahnfasern dar, unter Verbreiterung der Zahnscheiden und damit Verengung der Zahnkanälchen (vergl. ausführliche Seite).
f.

Abb. Neumann, E.: Beiträge zur Kenntnis des normalen Zahnbein- und Knochengewebes. Vogel Leipzig 1863 (Monographie)
G06_1Fibrinoiede_Degeneration
G07_1Regeneration_perif._Nerv_1880
G10_zahnscheiden
Literatur von und über Ernst Neumann finden Sie auf der Seite "Literatur zu Ernst Neumann"
Neumann_E.R.
Geschichte
Hämatologie
II. Entzündungslehre
 
Als im 19. Jahrhundert in Europa der Aderlass noch weit verbreitet war, verfocht Neumann als einer der ersten Pathologen die These, dass die Entzündung primär einen Heilungsprozess zum Schutze des Organismus darstellt. Die Entzündung wurde unterteilt in einen entzündlichen Prozess, ausgehend von der „laesio continui“ oder Mikronekrose, und einem regeneratorischen Prozeß.  In der regeneratorischen Abheilungsphase  spielt die Bindegewebsbildung  eine überragende Rolle. Neumann gab den Fibroblasten ihren Namen und schilderte ihr Verhalten bei entzündlichen Prozessen. . Im Jahre 1896 prägte er die Bezeichnung „fibrinoide Degenration“, später auch „fibrinoide Nekrose“ für eine  Entzündungsreaktion an serösen Häuten im Unterschied zur „fibrinösen Exsudation“ (Neumann, 1896).
Abb. aus Neumann, E.:  Fibrinoide Degeneration und fibrinöse Exsudation
Gegenbemerkung zu Marchands Erwiderung. Virchows Archiv 146 (1896) S. 193 – 209.
 
III. Degeneration und Regeneration von Muskeln und Nerven.
 
Abb. Degeneration und Regeneration von Nerven nach Quetschung-Durchtrennung
 
 
Die nach Neumann bezeichneten Muskelknospen stellen eine Regenerationsform quergestreiften Muskelgewebes dar. Dabei spielt das regenerative Ausstülpen des Regenerationsepithels (Bindegewebe) eine entscheidende Rolle.
 
Hinsichtlich der Studien über Nervendegeneration und –Regeneration führte Neumann bereits Nerventransplantationen im Tierversuch durch. Dabei wertete er die Schwann´schen Zellen sehr hoch ein, indem sie an der Regeneration eines durchtrennten Nerven einen maßgeblichen Anteil haben (Schwann´sche Neuroblasten- oder Zellkettentheorie). Das „Neumann´sche Nervenentwicklungsgesetz“  beinhaltet die Beziehung der motorischen Nervenbahnen in zeitlicher Abhängigkeit zur Anlage des Hirns beim Embryo.
 
Abb.: Neumann, E.: Degeneration und Regeneration zerquetschter Nerven. Aarch. f. mikrosk. anat.  XVIII (1880) S. 302 - 347. Weiterer Aufsatz zum Thema: Neumann, E.: Einige Versuche über Nerventransplantationen, Arch. für Entwicklungsmechanik 6 H.4 (1898) S.326-236;  Neumann, E.: Berichtigung in Sachen der fibrinoiden Degeneration. Virchows Archiv 160 (1900) S. 173 - 178
 
 
IV Neumann´scher Tumor . Erstbeschreibung der Congenitalen Epulis ( Lit: Ein Fall von congenitaler Epulis. Archiv der Heilkunde  (Wagners Archiv der Heilkunde), XII (1871), S. 189—190
 
V. Sertoli Zellen. Zeitgleich zu Sertoli beschrieb Neumann 1868 die mancherorts bezeichneten Sertoli-Neumann- Zellen als wichtige Zellen innerhalb der Spermiogenese.
Lit.: Neumann, E.: Entwicklung der Samenfäden beim Frosch.
 
VI. Zahnheilkunde:
 
Die Neumann´schen Zahnscheiden sind eigenständige Wandungen der Zahnkanälchen, die besonders widerstandsfähig gegenüber chemischen Substanzen sind und in denen sich die Tome´schen Zahnfasern befinden. Die Zahnkaries stellt  einen aktiven Prozess des lebenden Zahns infolge eines äußeren Einflusses mit entzündlicher Schwellung der Zahnfasern dar unter Verbreiterung der Zahnscheiden und damit Verengung der Zahnkanälchen.


Abb. Neumann, E.: Beiträge zur Kenntnis des normalen Zahnbein- und Knochengewebes. Vogel Leipzig 1863 (Monographie)
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